farbige Materialabfälle

Was ist erweiterte Herstellerverantwortung (EPR)?

Erfahren Sie mehr über die erweiterte Herstellerverantwortung: Was ist das? Warum ist es wichtig und was bedeutet es für Hersteller und andere Akteure in der Wertschöpfungskette?

Das Problem der Abfallentsorgung nimmt stetig zu, sowohl im Umfang als auch im Bewusstsein der Öffentlichkeit was deren Umweltauswirkungen betrifft. Die Gesellschaft produziert jährlich etwa 300 Millionen Tonnen Kunststoffabfall – das ist fast das Gewicht der gesamten Weltbevölkerung. Die meisten Materialien aus Produkten und Verpackungen gehen auf Mülldeponien, in der Verbrennung oder in der Umwelt verloren, anstatt effizient recycelt zu werden. Letztendlich gelangen jedes Jahr mehr als 13 Millionen Tonnen Kunststoffabfall in unsere Ozeane.

Es ist offensichtlich, dass der Privatsektor zu dieser Abfallkrise beigetragen hat. Berichten zufolge sind nur 20 Unternehmen für die Erzeugung von 55 % des weltweiten Kunststoffabfalls verantwortlich. Obwohl sich viele Unternehmen freiwillig der Herausforderung gestellt haben, zeigen Untersuchungen, dass selbst, wenn alle derzeitigen Verpflichtungen eingehalten würden, dies Kunststoffabfälle nur um rund sieben Prozent reduzieren würde.

Spätestens an diesem Punkt ist klar, dass aufgrund der enormen Herausforderung freiwillige Maßnahmen des privaten Sektors allein nicht ausreichen, um das Problem des Kunststoffabfalls in den Griff zu bekommen. Deshalb weisen Experten auf die Notwendigkeit einer öffentlichen Politik hin. Eine neue Gesetzgebung kann für alle Hersteller dieselben Spielregeln festlegen, gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen und dazu beitragen, die Gesellschaft von einer linearen Wirtschaft nach dem Prinzip „Nehmen, Herstellen, Entsorgen“ zu einer Kreislaufwirtschaft zu führen, in der Ressourcen immer wieder wiederverwendet werden, um ihren Wert zu maximieren – und vor allem aus der Natur fernzuhalten. Ein politisches Instrument, das diesen Wandel beschleunigen würde, heißt „Extended Producer Responsibility“ (Erweiterte Herstellerverantwortung, EPR).

Im Folgenden werden wir einen Blick darauf werfen, was das ist, warum es wichtig ist und was es für Hersteller bedeutet.

Was ist die erweiterte Herstellerverantwortung und warum ist sie wichtig?


Die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) wurde bereits in vielen Ländern in der ganzen Welt eingeführt. Sie stellt sicher, dass effektive Prozesse und Einrichtungen für die Sammlung, Sortierung und das Recycling von Produkt- und Verpackungsmaterialabfällen vorhanden sind.

Die erweiterte Herstellerverantwortung ist eine verbindliche Gesetzgebung sowie eine Umweltschutzstrategie, die festlegt, dass die Verantwortung für die nachhaltige und sichere Rücknahme, das Recycling und die endgültige Entsorgung von Produkten und Verpackungen am Ende ihres Lebenszyklus bei den Herstellern, Importeuren und Einzelhändlern dieser Materialien verbleibt und nicht an die Regierung, die Öffentlichkeit und die Rohstoffindustrie abgewälzt wird. Damit dieser Politikwechsel erfolgreich sein kann, ist die Mitwirkung der Verbraucher weiterhin erforderlich. Gestalter von EPR-Systemen können diese durch die Entwicklung einer praktischen und benutzerfreundlichen Sammelinfrastruktur unterstützen. 

Die erweiterte Herstellerverantwortung kann die Zirkularität von Verpackungen verbessern, indem an beiden Enden der Wertschöpfungskette Veränderungen eingeführt werden. In den vorgelagerten Stufen kann die Nutzungsdauer von Produkten und Verpackungen maximiert werden, indem das Design auf Wiederverwendung, Reparatur und Haltbarkeit basiert. Die erweiterte Herstellerverantwortung kann auch Anreize für eine recyclinggerechte Konstruktion (Design for Recycling) schaffen, sodass nach dem Ende des Produktlebenszyklus nachgelagerte Lösungen das Material wieder zu hochwertigen Produkten wiederverwerten können. Die Umsetzung von EPR-Gesetzen ist eine wirkungsvolle Maßnahme, mit der sowohl die Quantität als auch die Qualität dessen, was recycelt wird, verbessert und somit der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft beschleunigt werden kann.

Die erweiterte Herstellerverantwortung unterstützt zudem die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein verantwortungsvolles Ressourcenmanagement, wie es in Ziel Nr. 12 der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDG) – „Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen“ – dargelegt ist.

EPR, Ökosystem

Wie funktionieren Systeme zur erweiterten Herstellerverantwortung?

Systeme zur erweiterten Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility, EPR) werden von Regierungen eingeführt und verpflichten Hersteller gesetzlich dazu, Vorgaben zum Lebenszyklusmanagement ihrer Produkte und Verpackungen einzuhalten, einschließlich der Erreichung bestimmter Leistungsziele. Hersteller können wählen, ob sie die erforderlichen Verpflichtungen selbst erfüllen oder das Management an eine Drittorganisation, wie z. B. eine Organisation für Herstellerverantwortung (Producer Responsibility Organization, PRO), auslagern möchten.

Zwar gibt es grundsätzliche Prinzipien und Elemente, die für alle EPR-Systeme gelten. Sie müssen jedoch auch an lokale Gegebenheiten – wie die bestehende Recycling-Infrastruktur, das Geschäftsklima und die politische Landschaft – angepasst werden, damit sie erfolgreich sind.

Wie werden Systeme zur erweiterten Herstellerverantwortung finanziert?

Die erweiterte Herstellerverantwortung wird von der Industrie finanziert: Die Hersteller tragen die Kosten für das Lebenszyklusmanagement ihrer Produkte und Verpackungen, einschließlich Sammlung, Sortierung und Recycling. Hersteller schaffen die Produkte und Verpackungen, die auf den Markt gebracht werden, und sind daher die Akteure, die am besten dazu geeignet sind, positive Veränderungen am Ende des Produktlebenszyklus umzusetzen.

Dies stellt eine Abkehr von traditionellen Konzepten der Abfallbewirtschaftung dar, bei denen die Verantwortung für die Finanzierung bei Gemeinden und Anwohnern liegt (in der Regel durch Steuern oder direkte Abonnements). Um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten, sieht ein EPR-Gesetz in der Regel vor, dass Hersteller eine Geldstrafe zahlen müssen, wenn sie ihre EPR-Verpflichtungen nicht erfüllen, wie z. B. die Erfüllung von Leistungszielen für das Recycling.

Erweiterte Herstellerverantwortung in Aktion


Ein Beispiel für ein EPR-System ist ein Pfandsystem für Getränkeverpackungen. Ein Pfandsystem verleiht Abfall einen Geldwert. Verbraucher zahlen beim Kauf eines Getränks in einer Dose oder Flasche ein kleines, aber bedeutsames Pfand, das vollständig zurückerstattet wird, wenn die leere Verpackung zurückgegeben wird, z. B. über einen Leergutrücknahmeautomaten bei einem lokalen Händler. Nachdem die leere Flasche über den Leergutrücknahmeautomaten zurückgegeben wurde, kann sie sortiert und immer wieder in eine neue Verpackung wiederaufbereitet werden. 

Ein weiteres Beispiel ist die erweiterte Herstellerverantwortung für bedruckte Verpackungen und Drucksachen. Hersteller tragen die Kosten für das Sammeln und Recycling von Drucksachen und bedruckten Verpackungen durch Bring- und Holsysteme. Das Programm wird von Herstellern finanziert, Verbrauchern wird keine Gebühr berechnet. 

Wie in der Erklärung und dem Positionspapier der Ellen MacArthur Foundation Extended Producer Responsibility – a necessary part of the solution to packaging waste and pollution aus dem Jahr 2021 angekündigt, hat TOMRA zusammen mit mehr als 150 Unternehmen und wichtigen Akteuren aus der ganzen Welt sein Engagement und seine Unterstützung für die erweiterte Herstellerverantwortung erklärt. In Europa haben die Bereiche Mineralwasser und Erfrischungsgetränke ihre Unterstützung für EPR deutlich zum Ausdruck gebracht, indem sie die Einführung eines gut durchdachten Pfandsystems für Getränkeverpackungen fordern.

Was bedeutet die erweiterte Herstellerverantwortung für Verbraucher?

Die erweiterte Herstellerverantwortung ist ein branchenorientierter politischer Ansatz. Allerdings ist die Mitwirkung von Verbrauchern unerlässlich, damit EPR-Systeme wie Pfandsysteme erfolgreich sein können. Hersteller können beispielsweise Verpackungen so konzipieren, dass sie leicht recycelt werden können. Wenn sich aber Verbraucher dazu entscheiden, diese Verpackungen wegzuwerfen, anstatt sie zu recyceln, sind hohe Recyclingquoten nicht möglich. Damit die erweiterte Herstellerverantwortung wirklich gelingen kann, sind Verhaltensänderungen sowohl seitens der Hersteller als auch der Verbraucher erforderlich.

Wie sieht die Zukunft der erweiterten Herstellerverantwortung aus?

Die Zukunft der erweiterten Herstellerverantwortung wird wahrscheinlich unterschiedlich ausfallen, je nachdem ob sie in einem Industrie- oder einem Entwicklungsland eingeführt wird. Industrieländer verfügen bereits über eine gewisse Recyclinginfrastruktur, wohingegen es in Entwicklungsländern meist an Recyclinginfrastruktur fehlt.

In Industrieländern, die das Ziel haben, bis 2030 75 % der Kunststoffverpackungen so zu designen, dass sie recycelt werden können, wird der Fokus auf hochwertigen Systemen liegen, die Zirkularität ermöglichen.1  

In Entwicklungsländern, in denen ein niedrigeres Ziel von 50 % für recycelte Kunststoffverpackungen bis 2030 diskutiert wird, muss der Schwerpunkt auf die Schaffung einer umfassenden, aber grundlegenden Sammel- und Recyclinginfrastruktur gelegt werden, die zuerst benötigt wird. Dadurch wird es möglich, EPR-Vorschriften einzuhalten.

Die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR): einen verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen schaffen

Die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) ist ein strategischer Ansatz, mit dem sichergestellt werden soll, dass Hersteller die Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte und Verpackungen übernehmen. Diese von der Industrie finanzierte Herangehensweise bietet Herstellern Anreize, das Verpackungsdesign und -management auf Grundlage der Abfallhierarchie zu priorisieren und so bessere Umweltergebnisse zu erzielen. 

Das bedeutet, dass mehr Hersteller Wiederverwendung, Reparatur und Recycling statt Entsorgung anbieten, und stellt sicher, dass Müll nicht in unseren Ozeanen und der Umwelt landet.
Wenn Sie mehr über die erweiterte Herstellerverantwortung und ihre Bedeutung für Hersteller und Verbraucher erfahren möchten, laden Sie das neueste White Paper von TOMRA EPR Unpacked: A Policy Framework for a Circular Economy (EPR erklärt: Ein politischer Rahmen für eine Kreislaufwirtschaft) herunter. Dieses White Paper bietet einen detaillierten Einblick in diesen politischen Ansatz und erklärt, wie er zum Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft beitragen kann.

Quellen
1 - Resource Recovery Playbook: Expectations for the circular economy of 2030 and the steps required to a sustainable future – TOMRA, 2020